Haus ohne Türen

Monate fehlen im Blog. Monate voller Emotionen. Monate voller Tränen. Monate voller Missverständnisse. Monate voller Warten. Monate voller Lernen. Lernen über das Leben, die Menschen, die Arbeit auf dem Land und Kochen. Und natürlich über die Liebe.

Vielleicht irgendwann später schreibe ich über die Zeit bei den indigenen Cofán am Fluss im Süden Kolumbiens, wo sie vom Cocaanbau und Spenden reicher Ausländer leben. Spenden damit die Indigenen den Regenwald bewahren. Spenden, damit sie ihr Gewissen erleichtern können, weil sie in ihrem Materialismus zur Zerstörung der Natur beigetragen haben. Die Indigenen bauen sich davon neue Häuser aus Stein und fällen Bäume, zerstören Regenwald, um mehr Coca anzubauen. Davon berichte ich ein anderes Mal.

Für mich schloss sich eine Tür. Ich wurde aus dem Haus geworfen. Kleiner Mann, großes Ego und eine aufmüpfige Bettina – das ging auf Dauer nicht gut. Mit Kloß im Hals verlasse ich das vertraute Heim, Evelin wird mir fehlen.

Das neue Zuhause ist eine kleine Holzhütte auf neun Stelzen mit Blick auf den Fluss. Cumbia, den ich im Stillen Humpelstielzchen nenne, hatte mir schon vor Monaten angeboten, in seiner Hütte zu wohnen. Auch hatte er mir schöne Worte gesagt und nach einer Umarmung und Nähe gefragt. Irgendwann hat er die Annäherungsversuche dann gelassen, was mir Zuversicht für ein entspanntes Zusammenleben gibt.

Mir wurden noch andere Häuser angeboten. Aber keines war so schön am Fluss gelegen und so gemütlich, wie das Haus von Cumbia mit der großen Terrasse, auf der ich meine Hängematte neben die seine hänge und wir abends gemütlich schaukelnd den Zikaden zuhören und über das Leben philosophieren. Zum Schlafen verabschiedet er sich beim Hochhängen der Matte in sein Zimmer, wo er auf einer Matratze schläft. Ich schaukle mich in meiner Hängematte weiter in den Schlaf.

Aus dem zweiten Zimmer, das eher einer Rumpelkammer ähnelt, machen wir eine Küche. Arely, die Bürgermeisterin, borgt uns einen Gasherd, Töpfe und eine Pfanne. Cumbia hat noch ein paar Teller und Gläser. Den Rest kaufe ich am Sonntag im Ort. Die Einkaufsliste ist lang: ein Wassertopf mit Deckel, Schüsseln klein und groß zum Abwaschen, zwei Kanister für Trinkwasser und Abwaschwasser aus dem Fluss, Brett, Messer, Löffel, eine Kelle, Plastikdosen für Zucker, Salz, und die kleinen Pakete der Trinkschokolade, Brühwürfel und Gewürze sowie einen Geschirraufhänger für die Wand. Das teuerste ist die Gasflasche. Viel mehr braucht es nicht in einer Küche um Dschungel. Lappen und Katoffelstampfer für die Chukula hole ich aus dem alten Zuhause auf Zeit. Eine Sache fehlt noch in der Küche. Die finde ich beim Angeln am Strand: ein flacher Stein für Patacones, frittierte und zerdrückte Bananenscheiben.

Neben den Kochutensilien kaufe ich die üblichen Lebensmittel: Öl, Salz, brauner Zucker, Instantkaffee, Reis, Eier, etwas Fleisch von Huhn oder Rind – ohne Kühlschrank verdirbt das Fleisch, wenn nicht geräuchert oder frittiert, in zwei Tagen -, rote Zwiebeln, Lauchzwiebeln, mögen, Kartoffeln, gelbe Kartoffeln, Petersilie, Tomaten, Paprika, Linsen, Mandarinen, Äpfel, Grenadilla, Mango, Pittahaya. Bananen und Yucca bekommen wir von der Plantage der Communidad. Manchmal gibt es eine saftige Ananas von Morocoy oder eine Papaya, gemopst von Jovannis Cocaplantage.

Cumbia schnitzt Hölzer zum Angeln
Cumbia schneidet Tisch und Hocker für mein neues Hobby und Bretter für das Haus

Auch kaufe ich einen Regenschirm, damit ich beim Klogang nicht nass werde. Mein neues Klo ist eine Stelle zwischen zwei Ästen am Fluss. Ein schöner Ort für das stille Örtchen. Nur wenn früh oder nachmittags die Boote vorbeifahren, ist es nicht ganz so still. Freiluftkacken ist eine Wissenschaft für sich. Abgesehen vom Sichtschutz bedarf es eines ausgeklügelten System, um den täglichen Haufen auf einer Fläche von zwei Quadratmetern zu platzieren, ohne im Haufen des Vortags zu hocken. Das Klopapier habe ich, wie mir John in den verregneten Highlands von Schottland beigebracht hat, stets in einer Plastiktüte. Schützt vor Regen und auch vor Dreck, falls die Rolle aus der Hand purzelt. Mit Regenschirm in der Hand lässt es sich nur mühselig Papier für den Po von der Rolle wickeln.

Nach einer Woche Kochen in der neuen Küche habe ich Rückenschmerzen, weil der Tisch so niedrig ist. Aus der Ruine hinter dem Haus hole ich vier Ziegelsteine, schrubbe das Moos und den Dreck im Fluss ab und platziere sie mit Cumbias Hilfe unter die vier Tischbeine. Zwanzig Zentimeter fehlten zum Glück. Nun kann ich rückenschonend Sancocho kochen, wie es mir Doña Luz beigebracht hat. Zwiebeln, Knoblauch und Möhre werden fein gehackt und mit dem Fleisch in Wasser gekocht. Gewürzt wird mir Salz und Color, was übersetzt Farbe heißt und eine Mischung aus Kurkuma und Achiote. Später kommt grüne Banane, Kartoffel und Yucca dazu.

Sancocho mit Hühnerkleinteilen und ohne Banane .. also einfach Suppe

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